Seite 27,Meinungen zum Europaischen Binnenmarkt

Guten Tag, meine Damen und Herren. Willkommen zu unserer heutigen Ausgabe des Wirtschaftsmagazins. Tja, nun ist er da, der europaische Binnenmarkt. Viel ist darüber in den letzten Wochen und Monaten geschrieben and gesprochen worden. Mancher weiß bis heute nicht genau worum es eigentlich geht, aber die Konsequenzen werden wir alle spüren. Was hat nun der Einzelne vom neuen Europa ohne Schlagbäume [what is the individual gaining from the new Europe without toll barriers]? In der letzten Sendung haben wir dazu die Meinungen von Wirtschaftsexperten gehört. Heute wollen wir mit vier Bürgern darüber diskutieren. Vielleicht stellen Sie sich zunächst unseren Hörern vor.

Mein Name ist Gesine Hofer. Ich bin 45 Jahre alt, bin selbständig und betreibe ein Busreiseunternehmen.

Sepp Grumbach ist mein Name. Ich bin Student. Also ich studiere Germanistik und Romanistik und bin jetzt im sechsten Semester.

Mein Name ist Constanze Bach. Ich bin Hausfrau und muss ich hier jetzt sagen, wie alt ich bin?

Natürlich nicht Frau Bach.

Also, mein Mann ist Angestellter, und wir haben drei Kinder, der älteste [Junge] ist jetzt fünfzehn und das jüngste [Mädchen] gerade drei.

Ja, danke Frau Bach, und dann haben wir noch...

Liebherr. Walter Liebherr mein Name. Ich bin Buchhalter in einer Kleiderfabrik, und ich mache das jetzt schon seit 23 Jahren.

Ist das ein grösserer Betrieb, Herr Liebherr?

Ja, also wie man's [man es] nimmt [wie man es nimmt = It depends on how you look at it]. Wir haben rund fünfzig Angestellte.

Das ist ja schon etwas.

Wir arbeiten für verschiedene Marken im In- und Ausland.

Die wir hier jetzt natürlich nicht nennen wollen. Aber Herr Liebherr vielleicht könnten Sie uns zuerst einmal beschrieben, was sich in Ihrem Betrieb seit Beginn des Binnenmarktes, dass verändert hat?

Ja, gerne. Also zunächst mal hat sich da nicht zu viel verändert, was man direkt sehen könnte in der Firma, aber ich selbst habe schon eine ganze Menge damit zu tun in der Buchhaltung. Wie Sie vielleicht wissen, hat jetzt jeder Betrieb eine europaishe Mehrwertsteuernummer, und wenn wir jetzt Ware ins Ausland liefern order aus dem Ausland geliefert bekommen, dann wird das zentral [directly] nach Brüssel gemeldet. Wir müssen jeden Knopf und jedes Stück Stoff in ein Forumlar schreiben und das geht dann alle drei Monate zum Bundesamt für Finanzen und von da aus nach Brüssel. Also ich kann Ihnen sagen, der Papierkrieg ist furchtbar gewachsen.

Haben Sie denn so viel mit dem Ausland zu tun?

Ja, sicher. Sehen Sie mal wir kriegen Material aus verschiedenen Ländern. Ja, und dann lassen wir auch in Portugal in einer Kleiderfabrik arbeiten.

Dann ist doch sicher auch die Konkurrenz für Sie grösser geworden, nicht?

Ach, das ist nicht so sehr das Problem. Sehen Sie mal, wir sind doch eigentlich eher [eher = vielmehr = rather] eine kleine Firma. Wir haben unsere guten Kunden. Das sind auch ein paar Modehäuser in Paris und Rom dabei [dabei sein = to be involved; to be there; to be present], für die wir schon lange arbeiten. Das Problem für uns ist der bürokratische Aufwand. Bis jetzt habe ich die Buchhaltung allein gemacht, aber wir müssen wohl jetzt bald einen zweiten Buchhalter einstellen, jedenfalls halbtags. Die grösseren Industriebetriebe können sich viel eher leisten, aber für mich ist das Ganze ein Europa der Grossindustrie. Die hat echte Vorteile davon.

Herr Krumbach, Sie studieren noch. Haben Sie schon etwas vom Binnenmarkt gespürt?

Aber sicher. Wissen Sie, ich studiere ja Französich und da fahre ich nach Frankreich so oft das geht. Ich habe da auch viele Freunde, und ich muss sagen, ich fand das schon schrecklich, dass man mitten in Europa an den Grenzübergängen immer warten musste, wie Mittelalter, und da seinen Ausweis vorzeigen musste. Und dann würde vielleicht sogar das Gepäck noch kontrolliert, ob man eine Flasche Wein oder eine Stange Zigaretten so viel mitgenommen hatte. Das ist jetzt vorbei. Das finde ich wirklich toll und auch vernünftig. Am ersten Januar 1993, als die Grenzen aufgemacht wurden, da bin ich extra zum Grenzübergang Kehl am Rhein gefahren, wo man nach Strassburg rüberkommt. Da waren hunderte von Leuten, Deutsche und Franzosen, und wir haben da zusammen gefeiert. Jeder hat sich da riesig gefreut. Diese Schlagbäume und alles, das passte doch schon lange nicht mehr zu der Wirklichkeit in Europa. Die Menschen sind sie sich schon lange viel näher gekommen [For a long tim the people have grown much closer (to one another)]. Man hat Freunde in anderen Ländern, und ich möchte zum Beispiel mal in Frankreich arbeiten und auch da wohnen. Das geht jetzt ohne Probleme.

Schön. Das wollen wir für Sie hoffen. Frau Hofer, Sie sehen das ein bisschen anders, glaube ich.

Ja, ich verstehe das natürlich, was Herr Grumbach sagt und find das ja im Grunde nicht schlect, aber für mich sind doch andere richtige Punkte. Nehmen wir jetzt mal ein Busunternehmen.

Wie viel Busse haben Sie?

Sieben haben wir jetzt, und neun fest Angestellerfahrer. Die wollen natürlich alle bezahlt werden, aber der Konkurrenzkampf wird jetzt grösser. Jeder auslandischer Busunternehmer kann jetzt Busfahrten in Deutschland anbieten.

Aber Sie machen doch auch Fahrten im Ausland.

Da muss ich Sie hier ein bisschen korrigieren. Wir machen Fahrten ins Ausland nicht im Ausland. Das heiss, wir bieten zum Biespiel Reisen von Deutschland nach Italien order Spanien an. Aber jetzt ist es so, das zum Biespiel ein belgischer Unternehmer eine Reise innerhalb Deutschland machen kann. Also, er biete zum Biespiel eine Fahrt von Hamburg nach Müchen an.

Das meine ich ja. Das können Sie auch. Sie können doch jetzt auch hollandische Touristen von Amsterdam nach Lissbon fahren.

Im Prinzip haben Sie zwar Recht, aber da muss man einfach sehen, die deutschen Firmen müssen sehr höhe Löhne zahlen, wenn die jetzt im Wettbewerb mit auslandischen Betrieben stehen. Dann haben die es sehr schwer.

Ja, das ist zu verstehen. Frau Hofer, das war jetzt Ihre Meinung als Unternehmerin. Wie sehen Sie den Binnenmarkt ganz privat?

Tja, eigentlich geht es ja wie immer am meistens ums Geld. Bis jetzt haben wir ja in Deutschland relativ stabile Preise gehabt. Ich kann nur hoffen, dass das auch so bliebt. Es ist sowieso schon alles so teuer.

Dazu kann auch Frau Bach sicher etwas sagen.

Ja, sicher. Als ich muss deutlich sagen, das jetzt alles teuerer geworden ist, und dann die Mehrwertsteuer, wieso ja wohl wieder höher werden, nur weil das in anderen EG Staaten auch so ist. Ich frage mich, warum wir das mitbezahlen sollen, wenn das so weiter geht.

Sehen Sie denn nicht auch Vorteile durch die Grenzeöffnungen?

Na ja, das mit der Schlagbämen ist ja ganz schönen gut, aber ich habe eigentlich nichts davon. Sehen Sie, ich reise nicht ins Ausland und das kann mir deswegen egal sein. Im Gegenteil ich befürchte, wenn das jetzt alles so freier ist. Dann kommen doch erst Recht noch mehr Menschen nach Deutschland, die hier arbeiten wollen. Ich meine, man verdient hier auch besser. Das ist schon Wahr, aber was sollen wir dann machen? Also wenn mein Mann, der ist jetzt 46, wenn der arbeitslos wird, der findet doch gar keine neue Stelle.

Herr Liebherr, Sie wollten etwas dazu sagen?

Ja, es ist der nicht nur so, das es jetzt leichter geworden ist, legal von einem Land ins andere zu reisen. Es ist ja jetzt auch für die illegale leichter. Also, wenn ich daran denken, das jetzt jeder Verbrecher, der in einem Land gesucht wird, ist ohne Probleme in einem anderen Land verstecken kann.

Das ist natürlich ein ganz anderes Problem, aber dafür soll es dann die neue Europolizei geben. Ich denke, wir machen jetzt erst mal etwas Musik und unterhalten uns danach über einige andere Aspekte.